Mittwoch, 15. November 2023

Fischer in Not

 


Starke Bewölkung liegt über der kleinen Insel, als die Fischer, in aller Früh, mit ihren Booten los tuckern. Der dreiundsiebzigjährige Jan, ist der letzte, der seinen Kutter aus dem Hafenbecken hinaus auf das Meer manövriert. Vorn am Steuerhaus befindet sich eine drehbare Lampe, die den Wasserweg ausleuchtet. Eine halbe Stunde später hat er seine Stelle erreicht und wirft das Netz aus. Es ist dunkel geworden, stürmischer Wind kommt auf und verweht die feinen Schneeflocken, die vom Himmel fallen.
  Hohe schaumige Wellen schütteln das Boot hin und her. Jan weiß, wie gefährlich das enden kann, lenkt seinen Kutter an eine Boje und wirft den Anker. Seine Frau Christa kann er nicht erreichen, mit dem Handy hat er keinen Empfang. ›Sie wird sich Sorgen machen‹, geht es ihm durch den Kopf‹, setzt sich in die Kajüte und gießt heißen Kaffee in die Tasse. Es ist kalt, typisch für Dezember. Angst verspürt er keine, als er hinaus auf die stürmische See blickt. Nur um seine Frau bangt es ihn. Stunden später hat das Unwetter seinen Höhepunkt erreicht und flaut ab.

Christa, ist in Panik. Sie steht, warm eingepackt, an der Kaimauer in der Nähe des Hafenbeckens und wartet auf ihn. Sie schaut in das schwarze, ölige Brackwasser und schüttelt sich. Die anderen Fischer sind längst eingetroffen.
  »Wo bleibt Jan?«, fragt sie verzweifelt.
  Die Männer schauen sich um. »Wenn er in ein paar Minuten nicht eintrudelt, suchen wir ihn«, sagt einer von ihnen.
  Christa stehen Tränen in den Augen, als die Männer sich bereit machen, den Hafen zu verlassen.
  In diesem Moment schreit sie: »Da kommt sein Kutter.« Sie kann ihr Glück nicht fassen und umklammert Jan, als er endlich an Land klettert und vor ihr steht. »Hab mit dem Schietwetter gekämpft und gewonnen«, stammelt er durchnässt. »Ein paar Fische sind mir auch ins Netz gegangen.«
  »Gehen wir heim, heißer Tee wartet«, sagt Christa liebevoll, streichelt seine Wange. »Du benötigst trockene Sachen, und später kannst du deine Fische sortieren. Wann hörst du endlich auf, mit dem Fischen?«, jammert sie.
  Jan grinst. »Ich nehme das Weihnachtsgeschäft noch mit, dann ist Schluss, versprochen.«
  »Wenn das mal wahr ist«, murmelt Christa, »ich wäre der glücklichste Mensch. Unser Gespartes und meine kleine Rente reichen zum Leben. Die Hauptsache, wir haben uns.«


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